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Mit Eurowings nach Dubai

Wie man einen Erstflug nicht gestalten sollte

Im Sommer stolperte ich über eine ganz interessant klingende Sache: Eurowings (also der Nachfolger der Germanwings) bietet Langstreckenflüge an, die einen günstigen Preis versprechen aber dazu in der BEST-Klasse einen ganz ordentlichen Stapel Annehmlichkeiten samt dem aus der Lufthansa Premium Economy bekannten Sitz. Die Mittelstrecke nach Dubai hat es mir angetan, 6h sind auf dem Sitz ne gut vertretbare Zeit und im Winter ists in Dubai warm.

Hier ein Auszug aus der Website:

  • Premium-Sitz im exklusiven Bereich
  • Mehr Beinfreiheit und großzügig verstellbare Rückenlehne
  • Catering à la carte
  • Bordunterhaltung inklusive Zugang zu Premiuminhalten

Und so sollte das ganze aussehen:

ew-kabine

So hat man die BEST Klasse beworben. Aber manchmal kommt es eben anders…

Das Vorspiel

Am 12.07. bekam ich meine Buchungsbestätigung für den Erstflug am 17.12. mit Heimflug zwei Nächte später (am 20.12.) in BEST. Ich konnte dazu noch einen Bekannten überzeugen, der die selben Daten buchte und wir konnten entsprechend bereits vorab Sitzplätze nebeneinander auswählen.

Alles safe also, auf gehts an die Hotelbuchungen.

Am 9. September kam dann eine Mail mit der Info zu eine Änderung der Abflugszeiten. Der Hinflug sollte 45 Minuten früher starten – womit ich kein Problem habe. Der Rückflug allerdings ist nun statt für 8:30 am morgen für 3:45 geplant. Erster Gedanke: wie bescheuert ist das bitte? Wer möchte denn um diese Zeit fliegen? Das war ein erster Dämpfer in der Reisevorfreude. Denn schließlich fehlt uns so quasi eine Nacht. Na gut, wie sind ja flexibel und entsprechend lassen wir es gut sein damit.

Der Tag des Abflug nähert sich und durch Zufall schaue ich in die Buchung nochmals rein. Dabei fällt mir ein total zerhackter Sitzplan auf. Ich wurde dabei auch auf einen ganz anderen Platz umgesetzt – mein Reisepartner übrigens auch. Nachfragen beim Germanwings-Facebookaccount bringen nur Standardantworten. Nachbohren führt zur Einladung, die Buchungsdaten per Mail zu senden, damit die Sitzordnung wiederhergestellt werden kann.

Die wichtige Info ist aber: der Sitzplan wurde deshalb zerhackt, weil das Flugzeug sich geändert hat. Und zwar auf eine Boeing 787. Und das Gerät fliegt die Eurowings gar nicht, sondern – wie in diesem Falle – die Arke Fly (Tui) aus den Niederlanden.

Der große Tag

Am 17.12. dann fahren wir nach Köln an den Airport. Ich frage auf twitter bei Germanwings nach, ob ich mich auf Gin an Bord des Fluges freuen könnte. „So lange der Vorrat reicht“ ist eine tolle Bemerkung, ich freue mich. In Köln war ich Jahre nicht und der Airport hat sich doch ein wenig gemacht, aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass es sich um einen reinen Urlaubs-Flughafen handelt. Menschenmassen, die vollgepackt unkoordiniert in der Gegend rumstehen machen die Reise leider nicht angenehmer.

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Twitter-Account der Euro… ähm Germanwings. Alles gelogen.

Am Check-In angekommen stehen bereits die ersten Personen in der Schlange. Wir gehen zum BEST-Schalter, vor uns 4 Leute. Die Schalter-Mitarbeiter (übrigens alles Dienstleister, die nicht per se als Eurowings Mitarbeiter erkenntlich sind) versammeln sich vor allen Augen und machen dort ihr Briefing. Selbst die Dame, die das Briefing hält, ist nur in Privatklamotten da. Nachdem nach und nach die ersten Personen eingecheckt werden sind wir an der Reihe. Wir sitzen laut System übrigens wieder quer über den Fliege verteilt. Anders als auf Facebook versprochen. Whatever. Die Dame erklärt uns, dass es aufgrund eines Flugzeugwechsels die Sitzplatzänderungen gegeben hat. Ich frage nach dem Unterschied des Flugzeugs zum geplanten. Sie erklärt, dass es sich um eine 787 handelt, und das sie sich das selbst erst mal anschauen muss. Aha. Ob ich denn dort die selben Annehmlichkeiten bekäme, wie sie versprochen wurden? Natürlich. Alles der gewohnt hohe Standard. Und wir bekämen „die besten Sitze die wir haben“. Okay. Wie werden sehen…

Wir gehen in die SEN Lounge und warten auf Boarding. Pünktlich um 16:15 sind wir am Gate, dort finden wir zwar ne 787 der Arke Fly und eine große Menge Menschen, aber kein Boarding weit und breit. Vor allem hätte man ja unter Umständen bei einem Erstflug einen Aufsteller oder etwas ähnliches erwartet. Aber das wäre ja nur optional gewesen.

Am Bording-Desk wildes Gewusel. 8-9 Leute. Hin- und Her. Weit und breit kein Zeichen von Boarding. Ich frage gegen 16:25 nach, man versichert mir, dass in ca. 10-15 Minuten der Vorgang starten würde. Wir holen uns Bier. Es ist irgendwann gegen 16:50 Uhr, als ich mal nachschauen gehe. Immernoch kein Boarding. Abflug war geplant auf 16:45. Auf dem Flughafendisplay ist der Flieger schon verschwunden. Für die Statistik also ein pünktlicher Abflug… immerhin.

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Eurowings. Operated by TUIfly

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#dreamcatcher oder doch #nightmareliner

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 Warten aufs Boarding

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Die BEST von TUIfly. Oder laut Check-In Agent „der beste Sitz den wir haben“

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Beinfreiheit würde ja noch gehen… Fußstütze? Weit und breit nicht zu sehen. 

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Zumindest an nen Marketing-Gag haben die beschränkten Hobby-Manager gedacht

Irgendwann geht’s los und wir dürfen in die Mühle steigen. Dort finden wir eine etwas größere „Premium“ Section. Und „Premium“ ist ja ein dehnbarer Begriff. Der Sitz scheint zumindest etwas mehr Platz zu bieten als die Sitze weiter hinten und man kann die Rückenlehne ein wenig weiter kippen als in der Economy. Auf jedem Platz liegt als Willkommensgeschenk ein Germanwings Handtuch und ein Kosmetikbeutel mit Handcreme. Nette Geste!

Die niederländische Crew ist beschäftigt damit, die Küche umzusortieren. Es werden Dinge von vorne nach hinten geräumt und andersrum. Alles wirkt recht hektisch. Irgendwann kommt eine Durchsage von einem Germanwings-Mitarbeiter mit dem Hinweis, dass leider nicht alles so geklappt hat wie geplant und nun darum die Arke Fly diesen Flug durchführt. Eigentlich ist es ja so:

  • Germanwings hat mir das Ticket verkauft
  • Eurowings „vermarktet“ den Flug
  • Sunexpress Deutschland hätte ihn eigentlich durchführen sollen (wie übrigens alle EW Langstrecken)
  • TuiFly ihn von Arke Fly fliegen lässt
  • Und das ganze unter dem Mantel der Lufthansa Group

Macht Sinn. Für irgendjemanden, vielleicht. Aber meine Meinung als Kunde zählt nicht, ich war schließlich so dumm das Ticket zu kaufen.

Abflug rund 1 Stunde verspätet, aber was solls – es geht ja in den (Kurz-)Urlaub. Der Service startet recht zügig nach dem Start und als der Trolley mit dem Essen heranrollt werde ich gefragt ob „Thai Green Curry with Chicken“ oder doch lieber „Ravioli“ meine Wahl seien. Ich frage, ob es denn keine „à la Carte“-Option – wie versprochen – gäbe? Nein, es würde sich um einen voll Eco-Service handeln. Das verwirrt uns. Dann Green Curry. Wir bekommen eine Box mit nem Schuß Wasser, Besteck, nem Brötchen samt Butter und ner Mini-Rittersport und eben das Curry überreicht.

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Der sogenannte „à la Carte“ Service… den gibts vielleicht wo anders. Hier ist Voll Eco angesagt. Oder auch „die gewohnt hohen Servicestandards der BEST Klasse“, wie man uns versichert hat.

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Das opulente Mahl

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Brotauswahl mit nem Mund voll Wasser, Brotaufstrich und Nachspeise

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Die einzige „Mahlzeit“. Überschaubar. Aber wenigstens genießbar. Im bekannt hohen Standard der BEST-Klasse? Vielleicht….

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Das Service-Licht war zum Teil 20 Minuten an.

Die Verwirrung wird nicht weniger, als der Getränkewagen kommt. Wir fragen nach Spirits. Die Crew entgegnet, dass es an Bord Softdrinks, Weiß- und Rotwein und Bier gäbe. Wir fragen nochmal ob man denn vielleicht etwas kaufen könnte? Nein. Nix an Bord. Rotwein. Schnell.

Ich rekapituliere: die Eurowings, Tochter der Lufthansa Group, hat es nicht geschafft, ein Flugzeug zeitnah genug bereitzustellen, um den Erstflug nach Dubai durchzuführen. Okay – kann passieren. Aber diese Airline hat es auch nicht geschafft, den BEST-Gästen einen Trolley mit Essen und Getränken auf den Weg mit zu geben. Beim Erstflug. Vom Hub-Airport der Airline.

Gedankenblitz: Dilettanten. Jugend-Forscht. Oder man will uns einfach verarschen und hofft, dass keiner mehr BEST fliegt um nur Eco anbieten zu müssen. Ich kann es mir nicht erklären.

Aber es wird skurriler… wir schaffen es, uns 4 Gläser Wein zu erkämpfen. Teilweise durch aufkreuzen in der Galley – wo man die Flight Attendants beim privaten eMail schreiben stört. Teilweise durch den „Call“ Knopf, der aber meist gekonnt ignoriert wird. Irgendwann erklärt man uns, dass es nicht so viel Wein gäbe. Weil man eben mit nem voll Eco-Service rechnet (wo hier der Zusammenhang ist weiß ich nicht). Nach dem 4. Glas aber stellt man mich als Besoffen hin: „Sir, you can not get any more wine – you already had enough“. Zuerst gehe ich von einem Scherz aus. Die FA meint es aber ernst. Ich erkläre ihr, dass ich ihre Meinung zwar akzeptiere, aber es das erstmal vorkommt dass mir so etwas in einem Flieger unterstellt wird. Und dass ich das schon seltsam finde. Ihre Kollegin versucht zu schlichten und meinte nur, dass es ja vor allem daran liegen würde, dass nicht genug Wein an Bord wäre und alle Vorräte für den Hinweg nun aufgebraucht. Und den Wein für den Rückflug dürften Sie nicht anfassen. Man hat also auf den Becher genau den Weinvorat berechnet. Oder es zumindest versucht. Auf der oft genannten voll Eco Basis. Was für ein Irrsinn.

Ich bin sauer. Sauer, dass ich diese Scheiße über mich ergehen lassen muss. Ich hätte irgendwas nettes Buchen können. Aber eigentlich wollte ich ja das neue Produkt der Eurowings testen. Nun weiß ich leider nicht, ob das tatsächlich das neue Produkt ist. Vielleicht ist es das ja. Oder es ist besser. Oder schlechter. Keine Ahnung. Ich denke nicht, dass ich je das echte neue Eurowings Produkt testen werde, nach dieser Erfahrung. Scheinbar schätzt man mich als Kunden nicht…

Schlaf hilft vielleicht. Denn das Infotainment ist absolut unbrauchbar. Kaum Content, übrigens alles in Niederländisch oder Englisch. Der Sitz ist relativ unbequem. Premium sollte sich anders anfühlen. Zudem rege ich mich auf, das hilft auch nicht. Irgendwie schaffe ich es, bis kurz vor der Landung zu dösen.

Dann kommt die zweite „Service“-Runde. Man verteilt die beliebten Beutelchen mit nem Schnappsglas Wasser, einem halben Sandwich, Tüte Gummibärchen und nem Flyerbooklet, auf dem man sich bedankt dass ich den SMART-Tarif gebucht habe… Schön. Ich lass das alles liegen und lasse mir ein Glas Wasser bringen. Irgendwann ist dann die Tortur vorbei und wir landen in DXB. Der Flieger fährt ans Ende des Flughafengeländes, wo uns Busse erwarten. Das ist immer mein Highlight, egal mit welcher Airline: Bus-Gate in der Wüste. Großartig. Durch die Immigration und wir sind frei…

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Busgate am Billigterminal in Dubai. So kommt man bestimmt gegen Emirates an.

Dubai

In Dubai war wohl jeder schon. Also fast. Darum gibts hier keine Details… nur ein Bild, das zeigt, dass man dort ne schönere Zeit hat als an Bord eines Eurowings-Fluges.

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Der Beachclub des Hotels (Conrad Dubai)

Es geht wieder heim

Zum Rückflug zwei Tage später einfach nur ein paar Infos:

  1. Fluggerät war eine 767-300ER der Arke Fly mit noch älterem Sitz und quasi ohne Recline
  2. Es gab diesmal gar keinen Wein an Bord
  3. Die Crew war etwas motivierter als beim Hinflug, meine Erwartung lag aber auch deutlich darunter diesmal

Im Prinzip war dieser Flug noch schlechter als der Hinflug, aber ich hatte überhaupt keine Erwartungen. Und werde auch nicht ins Detail gehen, sonst reg ich mich nur auf.

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In bester Gesellschaft…

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Endlich mal ne Maschine der TUIfly.

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Wieder mal der „beste Sitz“, den wir haben.

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Maximaler Recline der BEST-Klasse

Fazit

WTF?! Das war die mieseste Interpretation von „Service“ die ich je erlebt habe.

Etwas längeres Fazit

Das kann doch nicht wahr sein, dass ein deutsches Luftfahrtunternehmen es nicht schafft, die Bereitstellung von passenden Flugzeugen auf die lange bekannten Flugpläne abzustimmen. Doch, es kann. Indem man eben nur in den billigsten Werften über die ganze Welt verteilt seine Fluggeräte umbauen lässt. Was aber nicht wahr sein kann, dass man Kunden eine sog. BEST-Klasse verspricht und dann so abgrundtief schlecht Liefert. Was mich wahrscheinlich am meisten aufregt ist, dass irgendjemand diesen „Alternativplan“ ja ausgearbeitet hat und es keiner für nötig erachtet, die Kunden zu informieren. Selbst auf mehrfache persönliche Nachfrage am Flughafen gab es keine belastbare Aussage was einen da erwarten wird. Das Social-Media Team hat an der Stellen auch versagt, siehe die Gin-Frage. Oder die Frage nach dem Fluggerät auf dem Rückflug.

Für mich wars das. Vielleicht bin ich auch nicht der richtige Kunde für die Eurowings BEST-Klasse. Vielleicht erwarte ich zu viel von einer Airline, die auf Urlauber aus dem Kölner Umland abzielt. Das kann sein. Aber ich komme mir verarscht vor, und das mag ich nicht.

Die Manager sollten alle keinen Bonus bekommen und zur Strafe zweimal wöchentlich im Mittelsitz weit hinten in der Eco nach Kuba fliegen. Mit irgend nem Sub-Charter. Wie gewohnt.

Und danach?

Natürlich habe ich meinen Kummer geteilt. Mit Eurowing. Oder Germanwings. Was auch immer… Jedenfalls hab ich eine Mail geschrieben. Mit der Bitte, dass man mir bitte einen Vorschlag für eine Kompensation machen soll. Darauf kam eine flach formulierte Mail mit den klassischen Floskeln man sei „stets bemüht den Service auf hohem Niveau zu halten“ und wolle „mich als Kunden zufrieden stellen“. Bla. Jedenfalls wurden mir 30% des Ticketpreises als Kompensation angeboten. Ich antworte mit der Frage, ob das ein Irrtum oder eine Provokation sei und drohe mit dem Anwalt. Man antwortet mir und sagt mir schriftlich 75% Reduktion zu (was mir und jedem anderen übrigens laut EU Recht auch zusteht im Rahmen eines Downgrades).

Bis das alles ausgekaspert ist poste ich einige Bilder auf Twitter und Facebook um ein wenig Druck zu erzeugen. Wobei das bei dem Kuba-Flugdesaster gar nicht mehr nötig ist.

Die neue Eurowings Kampagne wirkt übrigens wie Hohn… vor allem Magnum, der aus einer Magnum-Flasche den Champagner eingeschenkt bekommt. Nicht von Tui-Fly, sondern von EW. Oder Sunexpress. Oder sowas…

Witziger weise wird nun die Dubai-Strecke wohl teilweise durch einen Lufthansa Wetlease bedient – für die Gäste der BEST gibts also die LH Business Class inkl. gewohntem Service. Wenn mich das so getroffen hätte wäre dieser Bericht sicher positiver ausgefallen. So war das aber sicher vom Management nicht gedacht….

Mein Rat?

Nicht ausprobieren, wenn man Ansprüche hat. Mein Rat an die Lufthansa Manager: lasst den Unfug.